Nǐ Hǎo – Hallo !!!

 

Aber wie komme ich überhaupt dazu ins Ausland zu gehen? Und dann auch noch China? Für einen Auslandsaufenthalt gibt es viele Gründe, wie z. B. eine Fremdsprache zu lernen oder zu verbessern, seinen persönlichen „Marktwert“ zu steigern oder einfach nur seinen Horizont zu erweitern. Für mich war wichtig mal raus aus Deutschland zu kommen und eine Erfahrung zu machen, die sich mir sonst wahrscheinlich nicht mehr bietet. Bei der Suche nach einem passenden Studienort kamen natürlich erst mal die, inzwischen total von Deutschen überlaufenen, Standardländer wie USA und Australien in die engere Auswahl. Professor Pandorf (übrigens ehemaliger Rasselsteiner) machte mir dann aber die Partneruniversität der Hochschule Koblenz in Qingdao schmackhaft. Eine kurze email an Professor Liu in China und schon war alles geregelt, dass ich ein Semester dort verbringen kann. Inzwischen sind meine drei Monate an der QUST um und ich kann sagen, dass ich wahrscheinlich keine bessere Wahl hätte treffen können.

Auf dem Bild seht ihr die QUST und den Laoshan Distrikt. Während hier die Eltern viel Geld bezahlen um ihr Kind zur Universität zu schicken wohnen nebenan noch Chinesen in zerfallenen kleinen Häusern am Berg. Die eigentliche Innenstadt fängt allerdings erst hinter der letzten Bergspitze hinten rechts an.

Am 5. März landete ich, nach insgesamt 15 Stunden Flug und einem Zwischenstopp in Hong Kong, endlich in Qingdao. Dort wurde ich direkt herzlich von einem chinesischen Studenten empfangen, der mich zur Uni brachte und mir erst mal alles zeigte. Auch wenn die Stadt mit etwa 3-4 Mio. Einwohner (8 Mio. mit Suburbs) für chinesische Verhältnisse eher überschaubar ist, war für mich trotzdem alles riesig. In den ersten Tagen gab es also erst mal viele neue Eindrücke zu verarbeiten. Probleme mit dem Eingewöhnen gab es dank der vielen netten chinesischen Studenten aber nicht. Während sich in Koblenz keiner für die Austauschstudenten interessiert und niemand auf die Idee kommen würde auf die Chinesen zuzugehen, werden hier Ausländer wie Popstars gefeiert. Inzwischen ist mein Kopf auf so vielen Kameras in ganz China, dass ich wohl besser Geld für jedes Foto verlangt hätte. Die chinesische Hilfsbereitschaft zeigte sich direkt bei meiner ersten Reise. Da mein zuständiger Professor ein paar Tage in Deutschland war, hatte ich ein wenig Zeit einen kurzen Trip zu starten. Eigentlich wollte ich nur um Hilfe bei der Buchung bitten und schon hatte ich zwei Studenten als Reisebegleiter dabei. Unterwegs in Xi’an, Pingyao, Peking und auf dem Huashan trafen wir dann auch immer wieder Freunde und Verwandte von ihnen. Neben dem ganzen Touristenkram bekam ich daher auch einen Exklusiveinblick ins chinesische Leben. Angenehm war auch, dass obwohl jede Ecke Chinas mit Touristen überflutet ist, die meisten aus dem eigenen Land kommen. Daher sieht man glücklicher Weise nur selten den deutschen Jack-Wolfskin-Stereotypen und kann das fremde Land genießen.

Zurück an der Uni ging es dann aber auch los mit der Arbeit. Die wenigen Vorlesungen, die auf Deutsch gehalten werden, hatte ich schon in Deutschland abgeschlossen. Meine Hauptaufgabe bestand daher in einer Studienarbeit, die das Thema Quecksilbermessung in Rauchgasen von Kohlekraftwerken behandelt. Außerdem hatte ich, zusammen mit fünf anderen Deutschen von der Universität Paderborn, Chinesischunterricht. Meine Kenntnisse halten sich auch nach drei Monaten noch in Grenzen, aber immerhin kann ich inzwischen auf der Speisekarte ein paar Zeichen wieder erkennen und auch auf einem Markt dem Händler sagen, dass er mit dem Preis für seine „original“-Ware etwas niedriger gehen soll. Meine dritte Aufgabe war es, eine Messtechnikübung zu leiten. Zu jeder Vorlesung gab es eine Art Tutorium, in dem ich mit den chinesischen Studenten Übungsaufgaben besprochen habe. Das war gar nicht so einfach, da der Großteil kein Wort von dem was ich erzählt habe verstand. Es gab allerdings auch ein paar Studenten die nach drei Semestern schon erstaunlich gut deutsch sprachen Die meisten waren aber leider nicht in der Lage einen ganzen Satz auszusprechen. Mit Englisch kommt man übrigens in China auch nicht sehr weit, da selbst Englischstudenten oftmals noch auf 7. Klasse Niveau sind.

In der Freizeit gab es jede Menge zu tun, weshalb nie Langeweile aufkam. An der Universität selber gibt es Fußballplätze, Basketballplätze und Beachvolleyball- und Tennisfelder. Da man hier also so viele Möglichkeiten hat und man auch viele kleine Supermärkte findet, bleiben die meisten Studenten sieben Tage die Woche auf dem Campus. In der Stadt findet man aber jeden Tag wieder etwas Neues zu entdecken. Entweder erkundet man also die Altstadt, spaziert an einem der langen und schönen Strände entlang oder geht Bergsteigen auf dem Fushan oder Laoshan (Shan=Berg). Die Kneipenszene in Qingdao ist für eine Millionenstadt zwar sehr überschaubar, aber trotzdem interessant. Die Chinesen mögen es lieber zusammen mit Freunden abends essen zu gehen und in gemeinsamer Runde zu trinken. Da ist es von Vorteil wenn man eine gewisse Trinkfestigkeit mitbringt. Alle paar Minuten heißt es beim Essen „ganbei !“. Dann man muss sein Glas leeren und bekommt sofort wieder nachgeschenkt. Da es wirklich schnell ging einen kleinen Freundeskreis aufzubauen, konnte ich sogar einen interkulturellen 24. Geburtstag feiern.

Nun ist die Zeit auch schon wieder rum undich bringe viele neue Eindrücke und sogar ein paar chinesische Freunde mit nach Deutschland. Auch neben dem Studieren habe ich viele kleine Wochenendtrips machen können und habe einiges gesehen. Um China, mit all seinen Facetten und verschiedenen Regionen, komplett zu erkunden war die Zeit aber zu knapp und das Land einfach zu riesig. Für jeden für euch der mit dem Gedanken spielt auch ins Ausland zu gehen, kann ich China nur ans Herz legen. Hier werdet ihr aus eurem normalen Alltag rausgeschmissen und könnt mal etwas ganz neues Erleben. Auch wenn für viele China erst etwas erschreckend wirkt lohnt es sich auf jeden Fall. Man wird überall herzlich aufgenommen und das Essen ist super! Ebenfalls empfehlen kann ich Qingdao, da die Stadt mit den angrenzenden Bergen und Meer sehr abwechslungsreich ist und man wahrscheinlich an keiner anderen Uni einen so engen Kontakt zu den Einheimischen hat, wie an der Deutsch-Chinesischen Fakultät. Aber auch wenn ich euch nicht für China begeistern konnte, lohnt es sich immer eine solche Erfahrung zu machen. Nicht nur im Studium, sondern auch in Form von einem Praktikum, einem sozialen oder ökologischen Programm oder auch in eurem späteren Berufsleben gibt es immer wieder Möglichkeiten ins Ausland zu gehen. Ihr werdet es nicht bereuen und schon gar nicht vergessen!

 

Viele Grüße
Sebastian

Artikel teilen

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.